Antreten gegen die ANGST

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Angst vor Prüfungen, Trennung und Krankheit, Phobien sowie Panikattacken plagen Millionen Deutsche. Wie Mediziner und Psychologen das Massenleiden kurieren


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Angst vor Prüfungen, Trennung und Krankheit, Phobien und Panikattacken plagen Millionen Deutsche. Wie Mediziner und Psychologen das Massenleiden kurieren

Plötzlich war ein Gefühl da. Es roch nach Tanksstelle. Wahrscheinlich war etwas durch die Klimaanlage in die Klassenzimmer der Warren County High School in McMinnville/Tennessee gekrochen. Über „einen benzinartigen Geruch" berichtete eine Lehrerin etwa 15 Minuten nach Unterrichtsbeginn. Sie klagte über Kopfschmerzen, Übelkeit, Atemnot, Schwindel. Minuten später entwickelten mehrere Schüler ähnliche Symptome.

Panik kam auf. Eine Umweltkatastrophe? Ein Bioattentat! Die Jugendlichen flohen aus dem Klassenzimmer, da befielen die mysteriösen Beschwerden bereits die ersten Mitschüler in den Nachbarräumen. Der Direktor der Schule drückte den Knopf der Feuersirene und ließ das Gebäude evakuieren. Knapp 100 Schüler und Lehrer meldeten sich in der Notfallstation des Krankenhauses, einige brauchten den Rettungswagen. Die Ärzte konnten keine organischen Schäden finden, vorsichtshalber behielten sie 38 Opfer zur Beobachtung auf Station. Seuchenmediziner und Umweltfachleute machten sich auf die Suche nach dem Quell des Übels.

Sie entdeckten: nichts.

Die Experten hatten nach den falschen Ursachen gefahndet, nach Bakterien, Giften, Chemikalien. Im Fachblatt „The New England Journal of Medicine" gaben Mediziner dem Schulhausspuk einen Namen: Eine „massenhafte psychogene Krankheit" habe gewütet. Die Schüler hätten sich lediglich gegenseitig Angst gemacht.

Eine heimliche Seuche hatte da ihre Fratze gezeigt. Erst die fallenden Türme von New York haben die Augen der Öffentlichkeit wieder auf das Phänomen Angst gelenkt. Nach dem 11. September seien 55 Prozent mehr Angstgestörte als sonst in den Praxen erschienen, meldete der Berufsverband der Allgemeinärzte – und machte damit auf  ein dramatisch unterschätztes Gesundheitsproblem aufmerksam: In Deutschland leiden nach den neuesten Zahlen um die 15 Prozent der Erwachsenen – knapp sieben Millionen Menschen – zumindest vorübergehend an einer krankhaften Form von Angst.

Die Übergänge von Alltagsstress und Spontanangst zur krankhaften Störung sind fließend. Die Schreckreaktion beim Beinahe-Zusammenstoß im Verkehr gleicht einer Panikattacke. Die pathologischen Attacken dauern an und kommen wieder, oft aus heiterem Himmel.

Umfragen belegen, dass sich fast alle Menschen Sorgen machen. Sie fürchten Arbeitslosigkeit und Trennung, haben Angst um ihre Familie und vor allem vor schweren Krankheiten: Fast jeder Zweite bekennt seine Angst vor Krebs, Frauen häufiger als Männer. Auch solche Alltagsängste haben Folgen. Sie verursachen Schlafstörungen, Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Magenweh.

Kurios sind die Geschlechterunterschiede bei den Phobien: 20 Prozent der Frauen bekunden Angst vor Spinnen, Schlangen oder Ratten, aber nur fünf Prozent der Männer.


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Beklemmt und eingeengt fühlen sich Millionen Deutsche, die unter Angststörungen leiden. Doch verkriechen gilt nicht: Mediziner und Psychologen raten zur Konfrontation mit den Objekten der Furcht

Zeitalter der Angst? Schon schlimmer ergeht es Menschen mit ernsthafter Flugangst oder den knapp eine Million Sozialphobikern, denen jedes Telefongespräch den Schweiß auf die Stirn treibt. Eine freudlose Existenz führen viele Männer und Frauen meist mittleren Alters mit der Diagnose „Generalisierte Angststörung". Die Betroffenen grübeln unablässig über mögliche Katastrophen – im Durchschnitt 480 Minuten am Tag. Verzweiflung quält viele Agoraphobiker, deren Angst vor Menschenmassen, weiten Plätzen und stickigen U-Bahn-Schächten manchmal so gewaltig wird, dass sie keinen Schritt mehr vor die Wohnungstür wagen. Viele suchen Hilfe beim Alkohol, mindestens jeder Zweite fällt in eine Depression.

Einig sind sich alle Psychologen, dass Angststörungen alt und weit verbreitet sind. Eskimos berichten über die  Kajak-Angst. Die Betroffenen fühlen sich desorientiert, glauben, sie fielen ins Nichts. Koro heißt die im malaysisch-chinesischen Raum vorkommende Wahnvorstellung, der Penis ziehe sich in den Körper zurück und töte seinen Besitzer. In Singapur kam es 1967 zu einer Panik, nachdem die Presse von Koro-Fällen durch das Essen von Schweinefleisch berichtet hatte. Mit Mühe konnte das Gesundheitsministerium die Männer davon überzeugen, dass das Schrumpelgenital nur ein wahnhaftes Produkt der Angst sei. Koro fand unter dem Kürzel F48.8 Eingang in den auch für deutsche Ärzte verbindlichen Diagnosekatalog ICD-10.

Die Psychologin Jean Twenge aus Cleveland glaubt belegen zu können, dass in den USA immer mehr Angstkranke leben. Heute sei in psychiatrischen Praxen bei Heranwachsenden mehr Angst zu beobachten als in den 50er-Jahren bei Kindern: Kaputte Ehen, fehlende Gemeinschaft und Vereinsamung forderten ihren Tribut.

Die Forscher stimmen überein, dass  Ängste und Phobien heute eher zum Handicap werden. „Vor 100 Jahren ist es nicht aufgefallen, wenn sich ein Handwerker nicht mehr aus dem Haus getraut hat", erklärt Wolfgang Fiegenbaum, Vorstand der Christoph-Dornier-Stiftung in Münster. „Wir müssen uns an ein Leben mit subtilen Alltagsgefahren gewöhnen – Berufstätige müssen mobil sein, fliegen, häufiger Arbeitgeber und Kollegen wechseln." Psychologe Hans-Ulrich Wittchen hat ermittelt, dass Sozialphobiker sich im Durchschnitt 8,5 Tage im Monat krankschreiben lassen, Herz-Kreislauf-Kranke kommen nur auf zwei Tage.

„Die Versorgung ist miserabel", klagt Wittchen. Angststörungen seien gut zu behandeln, doch nur jeder zweite Fall werde erkannt, nur jeder zehnte optimal therapiert. „Die Patienten brauchen im Durchschnitt sieben Jahre, bis sie zu uns kommen", bestätigt Fiegenbaum. Noch immer scheuen Betroffene das Bekenntnis zum Psycholeiden.

„Total peinlich war das", berichtet Pia Wiegmann, 27, Studentin aus Herdecke über ihre Panikattacken. „Ich stand im Supermarkt, zitterte wie Espenlaub, als habe man mir ein Messer an die Kehle gesetzt." Für Nichtbetroffene war das kaum zu verstehen.

Die Hamburger Kommunikationsdesignerin Sophie, 27, fürchtete sich schon im Kindergarten vor dunklen Kartons. Als sie 17 war, stand sie plötzlich vor einem Fahrstuhl und konnte nicht mehr einsteigen: „Ich bekam Herzklopfen, Schweißausbrüche, Atemnot, die Finger wurden taub." Auch ein Flugzeug konnte sie nicht mehr betreten.


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Psychologe Wolfgang Miltner aus Jena untersucht, wie der Anblick einer Spinne die Gehirnströme eines Phobikers verändert

Den 42-jährigen Kölner Unternehmer Martin Veger* erwischte die Angst, als er mit dem Auto an einer Kreuzung stoppen musste. „Ich war zu Tode erschrocken, mein Herz raste, ich schwitzte, bebte, dachte, ich bekomme einen Schlaganfall, einen Herzinfarkt. Ich bin über die Ampel gefahren, bloß um wegzukommen." Bei seinem Hausarzt ließ sich Veger ohne Ergebnis auf Herz und Nieren untersuchen. Seine Gefühle behielt er vorerst für sich. „Erzählen Sie mal jemandem, Sie hätten eine Todesangst vor roten Ampeln!"

Eine uralte Emotion hatte da ihre Macht demonstriert. Als biologisches Warnsystem sollte die Angst die Ressourcen blitzartig auf Flucht oder Verteidigung umstellen. Stresshormone fluten dann den Körper: Das Herz pumpt mehr Blut, Arm- und Beinmuskeln spannen sich, Schweißdrüsen werden aktiv, Körperhärchen richten sich auf. Bei andauernder Belastung produziert der Körper weniger Geschlechtshormone: Wer Angst hat, interessiert sich nicht für Sex.

Furcht vor dem Versagen. Normale Angst ist lebenswichtig. Ein bisschen Prüfungsangst steigert sogar die Leistung: Adrenalin im Blut beschleunigt die Reflexe, schärft die Sinne. Jeder Manager oder Sportler kennt dieses Gefühl, das Höchstleistungen hervorbringt, aber auch zum Absturz führt – wenn die Angst vor der Angst zu groß wird. So raubt die Prüfungsangst vielen Schülern und Studenten den Schlaf, selbst abgebrühte Manager scheitern am Emotionschaos vor einer großen Präsentation oder übersteigerten Erwartungen an die eigene Karriere.

Schauspieler und Politiker kämpfen mit allen Mitteln gegen Lampenfieber. US-Star Daryl Hannah etwa lässt sich hypnotisieren, Donald Sutherland übergab sich regelmäßig vor dem Auftritt, der deutsche Modemacher Wolfgang Joop erklärte zu seinem Abstecher in die Filmbranche: „Ich hatte so ein Lampenfieber, dass ich schon fast suizidgefährdet war."

Hilfreich sind Angstbewältigungsmethoden, manchmal kombiniert mit Entspannungstechniken (s. Kasten, S. 108). Psychologen empfehlen, auch andere typische Premierenängste in einer Art Generalprobe zu trainieren.

Es ist dennoch unklar, wieso das System Angst nur bei manchen ins Extrem ausschlägt, sich gar zur chronischen Störung auswächst. Sicher ist, dass Dauerstress das Risiko erhöht. Ernst wird es, wenn Angst und Panik vermeintlich ohne Anlass aufkommen. Spätestens dann empfiehlt sich der Gang zum Therapeuten.

„Mein typischer Patient ist eine Frau Mitte 20. Sie hat eine ängstliche Mutter, wurde überbehütet, und die Angststörung trat in einer Stressperiode auf", berichtet Fabian Schneider, Psychologe und Leiter des Christoph-Dornier-Instituts. Doch diese Schilderung trifft auf viele zu. Alle Versuche, die typische Angstpersönlichkeit zu finden, sind fehlgeschlagen. „Es kann jeden treffen", weiß Schneider. „Zu uns kommen gestandene Manager, die können plötzlich kein Auto mehr lenken."


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Allein in der Masse: Wer sich vor ander en Menschen fürchtet, tut sich schwer in Karriere und Privatleben

Unwahrscheinlich, dass man als Angsthase geboren ist. Womöglich ist die einfachste Erklärung die beste: Einem Angstpatienten entgleisen die Emotionen wie einem Diabetiker der Zuckerspiegel oder einem Herzkranken der Blutdruck. Übersteigerte Angst ist eine Krankheit wie andere Krankheiten auch.

Experimente des Psychologen Wolfgang Miltner an der Uni Jena deuten darauf hin, dass zumindest Phobien biologisch angelegt sind. Die Forscher beauftragen zum Beispiel Spinnenphobiker, sie sollen das Bild eines Pilzes in einem Blumenmuster suchen. Wenn der Versuchsleiter eine Spinne ins Bild schmuggelt, schauen alle Phobiker – aber nur diese – unwillkürlich nach dem Objekt ihrer Furcht. „Es muss ein System geben, das den Phobiker zwingt, den Blick auf die Spinne zu richten", folgert Miltner.

Zugleich registriert ein hirnelektrisches Messgerät (EEG) bei jedem Spinnenbild Aufruhr im Kopf der Phobiker – auch wenn das Tier nur 250 Millisekunden lang gezeigt wird, also an der Wahrnehmungsschwelle. Das EEG-Signal erscheint selbst dann, wenn Patienten nach geglückter Therapie  unbewegt eine Tarantel in der Hand halten: Offenbar ist die Spinnenphobie tief im Unterbewusstsein eingraviert. Sie dämmert noch im Hirn, wenn der wache Verstand die Angst längst unter Kontrolle hat.

Eigentlich logisch: Wenn vor allem reale Gefahren Phobien auslösten, dann müsste es viel mehr Menschen mit panischer Angst vor Autos geben.

Psychologe Miltner sieht in seinen Experimenten einen Beleg für die Theorie, dass zwei parallele Wege die menschliche Angstantwort in Gang setzen (siehe Grafik S. 103): Der eine läuft über die Hirnrinde, die ein bedrohliches Signal bewusst verarbeitet. Der andere Weg steuert direkt das Angstzentrum des Hirns an und ermöglicht so eine schnelle Reaktion des Körpers. Dieser zweite Prozess verursacht vermutlich die beharrlichen EEG-Ausschläge in Miltners Versuchen.

Tierische Angst. „In dieser grundlegenden Physiologie unterscheiden sich Menschen und andere höhere Wirbeltiere kaum", sagt der Berliner Verhaltensbiologe Günter Tembrock. Er  glaubt, dass Menschen aus der Beobachtung tierischen Verhaltens lernen können. Eine Stampede etwa – das panikartige Lospreschen einer Pferdeherde – sei vergleichbar mit einer  menschlichen Massenhysterie. „Es ist ein ökonomisch effizientes Verhalten, wenn sich Angstsignale in der Gruppe fortpflanzen." Nur könne es dann eben zu gefährlichen Verstärkereffekten kommen.

In den neurobiologischen Labors des Münchner Max-Planck-Instituts für Psychiatrie geht man die Sache noch grundlegender an. Mit einem Griff holt die Laborassistentin eine Maus aus dem Käfig und setzt sie auf eine kreuzförmige Apparatur. Wände begrenzen zwei Arme, die beiden anderen Stege sind offen. Vorsichtig schnuppernd erkundet das Nagetier die freien Balken. „Die Zeit, die sie auf den offenen Armen verbringen, ist ein Indikator für ihren Mut – und für die Wirksamkeit neuer Angstmedikamente", erläutert Teamchef Andreas Ströhle.

Zurzeit testen die Forscher unter anderem das so genannte Atriale natriuretische Hormon (ANP). Dieser im Herzen gebildete Stoff scheint Angst zu dämpfen. Ob aus diesem Stoff ein neues Medikament entsteht, ist ungewiss.

Neue Pillen wären hilfreich. Die häufig verschriebenen Beruhigungsmittel (Benzodiazepine) können abhängig machen, Antidepressiva wirken mit Wochen Verzögerung. Außerdem helfen die derzeitigen Mittel alle nur bei den Symptomen. „Wir hoffen auf neue kausale Therapien, die direkt in die Pathophysiologie eingreifen", sagt Ströhle.

Ideal wäre ein Mittel, das die Angst unter Kontrolle bringt, dabei aber nicht das ganze System ausschaltet: Die Mäuse sollen sich nicht verkriechen, aber auch nicht todesverachtend in die Tiefe stürzen.

Verhaltenstherapeuten wie Jürgen Margraf sehen in Medikamenten vor allem die vorübergehend stützende Funktion. „Ein Medikament beseitigt nicht die auslösenden Faktoren, ignoriert die äußeren Stressoren." Wer die Symptome unter Kontrolle halte, weiche der Konfrontation mit der Angst aus. Und das sei der größte Fehler.

Antreten gegen die Angst. „Man kann sich mit seinen Phobien arrangieren, das ist aber das Schlimme", sagt Kommunikationsdesignerin Sophie. Gerade weil Freunde und Partner ihr alle Belastungen abnahmen, schleppte sie ihre Ängste zehn Jahre lang mit sich herum. „Eine gute Paarbeziehung ist bei Angstkrankheiten kein Vorteil", bestätigt Psychologe Fiegenbaum. Am meisten Erfolg verspreche eine Therapie, wenn der Leidensdruck groß und der Patient entsprechend motiviert sei.


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Auswege aus der Beklemmung? Ein Besuch beim Therapeuten könnte helfen

Der Unternehmer Martin Veger war bereits nach wenigen Monaten so weit.  „Um den roten Ampeln auszuweichen, habe ich Schleichwege gesucht." Doch bald schaffte er nur noch die 300 Meter zu seiner Firma, hielt er es nur noch zehn Minuten im Büro aus. Die Farben veränderten sich, die Geräusche. Bilder von Hochhäusern im Fernsehen lösten Panikattacken aus. „Ich bekam Angst vor dem Wald, vor dem Auto, vor dem Telefonklingeln. Die Krankheit bedrohte meine Existenz."

Hilfe brachte ihm erst eine zweiwöchige Konfrontationstherapie bei der Christoph-Dornier-Stiftung. Eine Erfolgsquote von über 80 Prozent schien ihm eine Investition von über 5000 Euro wert, ähnlich wie Pia Wiegmann, die Studentin mit den Panikattacken, und der Hamburgerin Sophie mit ihrer Fahrstuhlangst.

Horrortrip zum Dom. Die Fahrt mit dem ICE nach Köln überstand Sophie noch leidlich, schlimmer die enge Wendeltreppe hoch zum Dom, es folgten U-Bahn-Fahrten, schließlich der Besuch eines Einkaufszentrums, Menschenmassen, Gewühl, stickige Luft. „Da hatte ich einen Zusammenbruch."

Am dritten Tag in Wuppertal, der Fahrstuhl, der Albtraum. Mit Bangen und Zittern schaffte Sophie die Fahrt hoch und runter. Am Ausgang sagte  der Therapeut: „Das machen wir noch einmal." Nach dem zwölften Mal stieg der Psychologe aus. „Ich bin dann insgesamt 25-mal hintereinander Fahrstuhl gefahren", erzählt Sophie. „Danach war die Angst weg."

So wie bei den meisten Patienten, berichtet Psychologe Fabian Schneider: „Irgendwann stellen die fest: Ich überleb das ja, mir ist gar nichts passiert, die Angst ist eine Lüge."

Sophie schwärmt: „Ich plane jetzt alle Urlaube der Welt. Raten Sie mal, wohin ich verreise! Nach New York!"

Fußnote: *Name von der Redaktion geändert

 

Krankheit mit vielen Gesichtern

Erst vor wenigen Jahren haben sich die Psychologen weltweit auf einheitliche Kriterien geeinigt. Die richtige Diagnose ist wichtig, weil sich die Therapien unterscheiden.

PANIKSTÖRUNG
Wiederkehrende, unerwartete, für den Betroffenen nicht erklärbare Panikattacken: Herzrasen, Atemnot, Brustschmerzen, Erstickungsgefühle und Schwindel erreichen schnell ihren Höhepunkt (häufig mit Agoraphobie verbunden).

AGORAPHOBIE
Angst vor und Vermeiden von Orten oder Situationen, in denen eine Flucht schwierig wäre – etwa auf Plätzen, in Menschenmengen,  Warteschlangen, bei Fahrten in Bus, Zug, U-Bahn oder Auto.

GENERALISIERTE ANGSTSTÖRUNG
Monatelange, nicht mehr zu kontrollierende exzessive Ängste, Sorgen, Anspannungsgefühle auch bei Alltagsproblemen, meist begleitet von Schlafstörungen,  Nervosität, Reizbarkeit. Gilt als die am stärksten unterschätzte Angststörung.

SOZIALE PHOBIE
Angst- und Vermeidungsreaktionen bei sozialen Anforderungen – etwa in Gegenwart anderer zu sprechen, zu essen, zu schreiben, an Partys teilzunehmen. Beginnt meist im Kindes- und Jugendalter.

SPEZIFISCHE PHOBIEN
Unbegründete starke Angstreaktion gegenüber Angstobjekten wie Tieren (Spinnen, Schlangen) oder Situationen (Höhe, Flugzeuge).

RATSCHLÄGE ZUR ANGST BEWÄLTIGUNG

ALLES GANZ NORMAL
Denken Sie daran: Angst und deren körperliche Symptome sind lediglich übersteigerte normale Stressreaktionen. Sie sind weder gefährlich noch gesundheitlich schädlich.

BLOSS KEINE PANIK!
Steigern Sie sich in Angstsituationen nicht durch Gedanken wie „Was wird bloß passieren?" in noch größere Angst hinein. Beobachten Sie einfach, was um Sie herum und mit Ihrem Körper geschieht – nicht das, was in Ihrer Vorstellung passieren könnte.

ABWARTEN ...
Geben Sie der Angst Zeit vorüberzugehen. Bekämpfen Sie Ihre Angst nicht! Laufen Sie nicht davon!

ENTSPANNEN SIE SICH
Verfahren wie die Progressive Muskelentspannung (PME) haben auch eine psychisch beruhigende Wirkung. Volkshochschulen bieten Kurse an.

VORSICHT MIT ALKOHOLl!
Nachdem die angstdämpfende Wirkung abgeklungen ist, steigt die Panikbereitschaft.

BUCHTIPPS UND ADDRESSEN

  • Hans-Ulrich Wittchen: Wenn Angst das Leben lähmt. Mosaik, 2000
  • DASH, (Angstselbsthilfe) Bayerstr. 77a, 80335 München, Tel.: 0 89/5 43 80 80
  • Psychotherapie-Informations-Dienst, Heilsbacherstr. 22–24, 53123 Bonn, Tel.: 02 28/74 66 99