Sdraßtwuitje, Landkreis!

(brand eins - Neuland)

Im boomenden Großraum Landshut geht es pragmatischer und bodenständiger zu als beim schicken Nachbarn München. Das könnte ein Grund für seinen Erfolg sein


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Arbeitslos und abgestempelt - im Landkreis Landshut eher eine Seltenheit. Hier klagen die Arbeitsvermittler meist über zu wenig Stellensuchende.

Wer verstehen will, wie dieser Landkreis tickt, muss die Geschichte vom Maier Hans kennen. Der Samengroßhändler aus dem Dörfchen Bodenkirchen, 30 Straßenkilometer südöstlich der Stadt Landshut, geriet in Verlegenheit, als ihm Ende der 80er Jahre neue Umweltauflagen den Abbau von Torf verbaten - neben Samentüten, Blumenzwiebeln und landwirtschaftlichen Saatgut ein wichtiges Angebot seines Betriebes. Statt zu jammern, machte Maier am Rande eines CSU-Parteitages mit Hilfe des amtierenden bayerischen Landwirtschaftsministers die Bekanntschaft eines stellvertretenden Moskauer Bürgermeisters, der ihm wiederum den Kontakt zu einem Torfanbaugebiet nahe der sibirischen Industriestadt Nowosibirsk vermittelte.

Wegen der politischen Wirren beim Zusammenbruch der Sowjetunion wurde es mit dem Torfhandel dann doch nichts - zumal Maier 1995 mit seinem Flugzeug tödlich verunglückte. Doch da man sich schon mal kannte, blieben Deutsche und Russen in Kontakt. Zeitweise überlegte man, eine Städtepartnerschaft zwischen Bodenkirchen (5000 Einwohner) und Nowosibirsk (1,5 Millionen Einwohner) zu begründen, Schließlich kam der gesamte Landkreis Landkreis (148 000 Einwohner) zu dieser Ehre. Heute grüßt ein freundliches "Sdraßtwuitje!" von der Homepage des Freundeskreises Landshut-Nowosibirsk. Aktuell wird eingeladen zur deutsch-russischen Jugendbegegnung anlässlich der totalen Sonnenfinsternis am 1. August 2008 in Sibirien. Von wegen Provinz.

Die Globalisierung ist auch im eigentlich bäuerlichen Landkreis Landshut angekommen. Hier ist man immer noch konservativ und traditionsverbunden, zugleich aber mit der Welt verbunden.

Wer von München aus auf der relativ wenig befahrenen A 92 nach Landshut im Nordosten fährt, durch das flache, grüne Hügelland, vorbei an einzeln stehenden Gehöften kann leicht dem Irrglauben erlegen, das ganze Land sei in Bauernhand. Doch mit dem traditionellen Hopfen- und Gurkenanbau, der Milch- und Viehwirtschaft allein wären wohl kaum die Zahlen der zuständigen Agentur für Arbeit zu erklären. Am 1. April meldete sie 3,7 Prozent Arbeitslosenquote. Den 2940 Arbeitslosen standen 1816 sozialversicherungspflichtige freie Stellen gegenüber, die seit Jahresbeginn der Agentur gemeldet wurden. Etwas schlechter werden die Zahlen, wenn man die kreisfreie Stadt Landshut zum Großraum einrechnet. Selbst dann herrscht in der Region praktisch Vollbeschäftigung.


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"Aus Alt mach Neu" sprühten die Teilnehmerinnen des AWO-Arbeitslosenprojekts Nähwerkstatt auf die Tür zu ihrem Arbeitsraum.

Auch sonst schneidet der Landkreis gut ab: Bei einem bundesweiten Regionalranking der unternehmerfreundlichen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erreichte Landshut Platz 36 von insgesamt 435 untersuchten Kreisen, knapp 50 ökonomische und strukturelle Indikatoren wurden berücksichtigt. Neben der niedrigen Arbeitslosigkeit punktet der Kreis vor allem mit seiner jungen Altersstruktur, der geringen Pro-Kopf-Verschuldung und der äußerst niedrigen Kriminalitätsrate. Etwas bemäkelt wird die vergleichsweise geringe Zahl hoher Bildungsabschlüsse.

Da rächt sich, dass die Ludwigs-Maximilians-Universität bereits 1826 von Landshut nach München umgesiedelt wurde. Immerhin wurde die heutige Fachhochschule von den Usern der Internet-Ranking-Seite www.mein-prof.de zur drittbesten FH Deutschlands hochgeklickt. Aber das passt: In der Region geht es eher um Anwendung als um Reflexion, um Anpacken statt um Nachdenken. Als wichtigstes Kulturereignis gilt die so genannte die „Landshuter Hochzeit“, ein Mittelalter-Spektakel, das alle vier Jahre von den Einwohnern der Stadt nachgespielt wird. Ansonsten krempeln die Unternehmer die Ärmel hoch und befördern das Wohl der Wirtschaft, wobei ihnen die regionalen Umstände zu Hilfe kommen.

"Dieser Boom ist nicht wirklich überraschend", meint Wolfgang Maier, Leiter des Sachbereichs Wirtschaftsförderung bei der Regierung von Niederbayern. Es seien vor allem die bekannten Großmünchener Standortfaktoren, spult er routiniert herunter: Keine industriellen Altlasten, im Einzugsbereich von BMW, der neue Münchener Flughafen, nur eine halbe Stunde Autofahrt von Landshut entfernt. MUC II habe sich zu einer "gigantischen Jobmaschinerie" entwickelt, erläutert Maier. Er lockert den Knoten seiner marineblauen Krawatte und fährt sich durch die Haare: "Wenn der Franz-Josef Strauß nicht den Flughafen durchgesetzt hätte, dann sähe es hier aus wie in Niedersachsen."

Um Landshut muss sich der Wirtschaftsförderer daher auch kaum noch kümmern, sondern eher um die niederbayerischen Randgebiete im Bayerischen Wald. Maier rutscht zackig ein paar Aktenstapel auf seinem Schreibtisch zur Seite , rollt eine Karte der Region aus und kreist mit dem Finger um Orte wie Regen, Grafenau, Deggendorf.

Der Autobauer mit seinen Werken in Dingolfing und Landshut und der Flughafen sind die Kraftzentren der ganzen Region. Sie unterhalten ein riesiges Netz von Zulieferbetrieben, vom mittelständischen Ingenieurbüro, über die Zeitarbeitsfrma bis zu Putzkolonnen. Meier unterbricht sich, blickt durch die ovale goldumrandete Brille und sagt: In all diesen Unternehmen arbeiten Menschen, von denen viele gutes Geld verdienen, was sie wiederum in Restaurants, bei Friseuren oder Kleidergeschäften ausgeben. Rund ein Viertel aller Unternehmen und 70 000 Beschäftigte in Niederbayern seien direkt oder indirekt von BMW abhängig, schätzt Maier.

BMW hat Erfolgsgeschichten befördert wie die des 1958 im Städtchen Vilsbiburg (11 500 Einwohner) gegründeten Familienunternehmens Dräxlmaier, das unter anderem Elektronik und Zierteile für den Innenausbau von Autos liefert. Längst stehen die silberglänzenden Werkhallen auf der grünen Wiese am Ortsrand. Heute ist es ein Weltunternehmen mit 52 Standorten in 20 Ländern. Wer eine Stelle in Timisoara in Rumänien, in Giza in Ägypten oder in Shenyang in China besetzen will, muss seine Bewerbung immer noch in die Zentrale in der Landshuter Str. 100 in 84137 Vilsbiburg schicken. Notfalls auch per Email. Die Aussichten auf Erfolg sind gut.

Ähnlich boomen die Geschäfte beim benachbarten Edel-Küchenbauer Bulthaup im Weiler Aich zwischen Bauernseiboldsdorf und Froschau. Vor dem Firmensitz mit den olivgrünen Fenstern flattern am Fahnenmast die deutsche und die EU-Flagge. Im vergangenen Jahr verzeichnete das Unternehmen mit 130 Millionen Euro Umsatz das beste Jahr seit seiner Gründung. 70 Prozent der Produktion geht ins Ausland, und das,obwohl das Kernprodukt - das Modell B3 - um die 30 000 Euro kostet. Bulthaup ist ein begehrter Arbeitgeber, so dass sich zumindest Vertrieb und Marketing leicht tun mit der Personalrekrutierung. "Eine Anzeige genügt", sagt Personalleiterin Heike Emberger. Dann kämen die Bewerbungen. Da könne man sogar wählerisch sein. Die zierliche Blonde im schwarzen Anzug sitzt in einem Schulungsraum des Verwaltungsgebäudes, neben sich zwei Bände mit Beispielen firmeneigener Küchenarchitektur in Kopenhagen, St. Moritz oder Paris. "Wir verzichten lieber auf eine Besetzung, bevor wir einen schlechten Mitarbeiter einstellen", sagt Emberger gerade heraus. Wer sich bei ihr bewerbe, müsse das auch wollen "und zwar richtig." Und wehe jemand schreibe Bulthaup mit einem "t" am Ende. "Da werde ich extrem zickig", meint sie und lächelt charmant.

Wirklich Besetzungsprobleme gebe es allerdings bei den Ingenieuren, "Das können Sie sich nicht vorstellen, wie schwierig das ist", sagt Emberger und runzelt die Stirn. Man sucht pragmatisch nach Lösungen. So werden etwa Techniker eingestellt und dann geschult, der firmeneigene Pool ständig nach weiterbildungsfähigen Talenten durchsucht. "Wir nennen diese besonders fähigen Mitarbeiter unsere "jungen Wilden". Neulich habe das Unternehmen einen Holzmechaniker zum Holztechniker weitergebildet. "Das ist sehr gut für uns, weil er das Produkt bereits kennt." Man achte auf ein gutes Betriebsklima, komme den Mitarbeitern mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und großzügigen Regelungen bei der Elternteilzeit entgegen. Neue Azubis werden in der Firma vorgestellt. Es hat seinen Grund, dass Betriebsangehörigkeiten von 30 bis 40 Jahren keine Seltenheit seien, manche Mitarbeiter sogar aus München einpendelten.

"Die Mitarbeiter haben eben die Bulthaup-Denke drauf", versichert Emberger bestimmt. "Die sind stolz auf ihre Küche. Kommen Kritiker von außen, kratzen die denen die Augen aus."


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Kein Wölkchen trübt den Himmel über der St. Martinskirche: den Landshuter Arbeitsuchenden geht es gut. Die Arbeitmarkt ist seit Jahren entspannt.

Bitte.

Diese Loyalität und Beständigkeit ist wahrscheinlich einer der Stärken der Region selbst gegenüber dem benachbarten, reichen München: Die meist mittelständischen Unternehmer entlassen nicht gleich bei jeder Konjunkturdelle, fühlen sich verantwortlich. Umgekehrt sind die Mitarbeiter nicht ständig auf dem Sprung zur nächsten Karrierestufe oder Gehaltsschwelle - obwohl es Möglichkeiten gäbe.

"Arbeit ist da ohne Ende", weiß Udo Körner, Landshuter Niederlassungsleiter der 1994 gegründeten niederbayerischen Ratisbona Zeitarbeit GmbH - und setzt nach: "Wer hier arbeiten will und kann, der findet auch was." Der gebürtige Dresdner hat die Agentur in Landshut mit aufgebaut: "vom ersten Stuhlzusammenbau an." Das schmuckloses Büro des ehemaligen Maschinenbauers zeigt, dass er sich bei der Arbeit nicht gern mit Nebensächlichkeiten aufhält: Mit hochgekrempelten Ärmeln sitzt er zwischen Terminkalender und Computer, hinter ihm bemüht sich eine schmächtige Birkenfeige, etwas Gemütlichkeit zu verbreiten. Allein in Landshut vermittelt die Agentur um die 50 Stellen pro Monat - "so ziemlich alles vom einfachen Helfer, dem Staplerfahrer, über den Facharbeiter bis hin zu kaufmännischen Berufen." Vor allem Metallberufe sind gefragt. Schweisser, Fräser, Schlosser sind die Berufe die fast immer auf dem pink-schwarzen Anwerbeschild im Schaufenster angeschlagen stehen." Schon längst kann die Region den Arbeitskräftebedarf nicht mehr decken. 10 bis 20 Prozent der Vermittelten kommen mittlerweile aus den neuen Ländern.

Auch im Gastgewerbe wird es eng, sagt Karl Baier, Inhaber des historischen Hotels "Goldene Sonne" in der Neustadt, das bereits Gäste der berühmten Landshuter Hochzeit im Jahre 1475 beherbergte und heute mit seinem W-LAN-Netz wirbt, Laptop und Lederhose halt. Baier ist Gastwirt und Hotelier mit Leib und Seele. Wenn die frisch eingestellte junge Rezeptionistin wegen Ortsunkundigkeit bei einer Wegbeschreibung ins Schleudern kommt, läuft er schon mal schnell selbst an die Rezeption. Wirtschaftsminister Erwin Huber - mittlerweile CSU-Chef - höchstpersönlich überreichte dem Hoteldirekor im vergangenen Jahr die Urkunde mit dem vierten Stern für das gehobene Hotel.

Spätesten seitdem hat Baier ein Personalproblem. "Bei vier Sternen können Sie nicht einfach ein paar angelernte Hausfrauen nehmen, die sich ein Urlaubstaschengeld verdienen wollen." Baier lehnt in Jeans und dynamisch roter Krawatte am historischen Empfangstresen. Für Zimmermädchen und Spülhilfen ließen sich zwar Rumänen, Polen und Asiaten finden, die mit ein paar Schlüsselworten auskämen. "Aber an Rezeption und im Service brauchen wir top ausgebildete Leute, die dem Gast auch mal was auf Englisch erklären können."

Um Abhilfe zu schaffen verfällt Baier inzwischen auf unkonventionelle Methoden. In flotter Schrift schreibt er Stellenangebote auf die Schiefertafeln in den messingfarbenen Rahmen vor dem Hauseingang: "Suche für den Schulabschluss 2008 auszubildenden Koch oder Köchin" oder "Empfangsmitarbeiterin gesucht" steht da zu lesen.

Doch der Flughafen sei "wie ein Staubsauger", klagt Baier, "der saugt das Personal förmlich weg mit seinem Münchner Gehaltsniveau."

So wundert es nicht, dass sich Sozialverbände und kommunale Behörden fast nur noch um die Problemfälle kümmern, um Langzeitsarbeitslose. Die Landshuter Arbeiterwohlfahrt (AWO) etwa betreibt das Arbeitslosenprojekt "Nähwerkstatt", in dem arbeitslose Frauen - meist Schneiderinnen - gespendete Kleiderstücke um- und neugestalten sollen. Ihr Motto "Aus Alt mach Neu" haben die Teilnehmerinnen in signalroter Farbe in krakeligen Lettern auf die zerkratzte Eingangstür ihres Arbeitsraums im leerstehenden Gebäude eines ehemaligen Elektrohandels aufgesprüht. Tatsächlich gehe es darum, eher schlichte Regeln zu lernen, erklärt Projektleiterin Doris Reithmeier-Erhard mit schiefem Lächeln: "dass man Arbeits- und Pausenzeiten einhält, dass man sich an Vereinbarungen hält." Die 57-jährige Sozialpädagogin hebt die Stimme, weil hinter ihr eine Baustellenheizung röhrt, die für erträgliche Raumtemperatur sorgt. "Wir haben Klienten, die sind einfach mitten während der Arbeit aufgestanden und sind zum Friseur gegangen. Die Frauen lernen, wie man Bewerbungen schreibt und Vorstellungsgespräche führt. "Wir sind nicht gerade ein Kindergarten, aber schon ein Erwachsenengarten"; erläutert Reithmeier-Erhard.

Typische Sozialarbeit also, wie man sie auch in Berlin oder Bremen macht. Der Unterschied zu diesen Orten: Die AWO Landshut konnten binnen drei Monaten fünf der zwölf Frauen auf eine Stelle vermitteln.

Auch Robert Maier von der Agentur für Arbeit des Landkreises Landshut gibt sich optimistisch. Mittelständisch-dynamisch sei die Region, erklärt der operative Geschäftsführer im schokobraunen Anzug, der modisch schwarzen rechteckigen Designerbrille und den gegelten Haarspitzen. Die Arbeitseinstellung sei positiv, die Träume bodenständig, erklärt Maier, während er Kaffee serviert. Im angrenzenden Zimmer hat sich eine Angestellte ihr Arbeitsmotto gleich auf orangenem Papier an die Wand gerahmt. Sie hält es mit Mark Twain: „Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu sein.“ Daneben hängt das Bild eines roten BMW Z3.

"Die Unternehmer halten Personal auch wenn es kriselt." Bislang leidet die Agentur eher unter einem Luxusproblem. "Wir haben einen Fachkräftemangel im Bereich Metall, Elektro, Kfz." Vor allem gehobene Ingenieursstellen seien schwer zu besetzen.


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Im AWO-Projekt trainieren Langzeitsarbeitlose zunächst das Einhalten von Arbeits- und Pausenzeiten. Später üben sie das Schreiben von Bewerbungsbriefen und lernen, wie man Bewerbungsgespräche führt.

Allein die geplanten Umstrukturierungmassnahmen bei BMW, bei der die Streichung von 8000 Stellen geplant ist, macht der Arbeitsagentur etwas Kopfzerbrechen. "Wir erschließen deshalb neue Arbeitsmärkte", sagt Maier. Er setzt vor allem auf den ständig expandierenden Münchener Flughafen, wo bis Ende 2010 geschätzte 800 Arbeitsplätze für Menschen aus dem Landshuter Raum entstehen werden: für Flugbegleiter, Sicherheitsbeauftragte, Lagerarbeiter, Speditionskaufleute, Gastronomen. Schon bald soll eine direkte, regelmäßige Busverbindung zwischen Landshut und dem Flughafen die dortige Jobmaschine auf Trab bringen. "Wir geben Gas", sagt Maier und rührt zufrieden in seiner Kaffeetasse.

Doch ausgerechnet der Russlanddeutsche Viktor Weinberger, zeigt, wie auch die kleinen Selbstständigen zur Vitalität des Wirtschaftsraumes beitrageb. Dem temperamentvollen 34-jährigen fallen beim Reden die Haare in die Stirn, er erzählt schnell und mit ausladenden Gesten: In Kasachstan und im Kaukasus aufgewachen, kam er 1990 nach Deutschland. 1998 brach er sein BWL-Studium im vierten Semester ab, weil er als junger Vater für seine Familie aufkommen musste. In einer Garage in Landshut-Ergolding begann er mit dem Verkauf von TV-Sat-Anlagen. Schnell expandierte er, bis er 70 Mitarbeiter hatte und ein Callcenter. Insgesamt machte er bis zu drei Millionen Euro Umsatz. Als dieses stagnierte und die Leute nur noch in sein Büro kamen, um nach dem Weg zur kürzlich verzogenen Autoprüfstelle Dekra zu fragen, beschloss er, ins Kfz-Gewerbe zu wechseln.

Am 2. Januar 2006 eröffnete er sein Autolackier Center Landshut-Ergolding (ACL) - "ohne Aufträge, ohne Kunden." Er stellte einen Lackierer-Meister ein und warb um Kunden, was nicht einfach war, zumal die Niederbayern nur zögerlich einen Anbieter wechseln und einigen auch die zusammengewürfelte deutsch-russisch-türkische Mannschaft suspekt war. Denn Weinberger stellte gezielt Azubis und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund ein, um sie zu integrieren. "Deshalb müssen sie in der Werkstatt auch alle deutsch sprechen."

Mit der Zeit sprach sich Qualität und die Termintreue von ACL bei den Autowerkstätten der Region herum. Weinberger musste seine Werkstattfläche von 200 auf 800 Quadratmeter erweitern. Heute arbeiten 20 Mitarbeiter für ihn, darunter zehn Auszubildende. "Ich hab´s geschafft", sagt er heute froh,

Vielleicht kümmert er sich jetzt wieder mehr um ein weiteres Nebengeschäft, einen Bikini-Modenversand, von dem ein paar schwarzglänzendende Plastiktorsi mit übergestreifter Bademode im Büro neben der Lackierwerkstatt künden. Weinberger ist zuversichtlich. "Ich musste zwar paddeln, aber ich bin immer im richtigen Fluss."